Interview

„Wir können die Zukunft des IWW gemeinsam und erfolgreich gestalten!“

Von der Modernisierung und Digitalisierung bis zur Anpassung der Arbeitsrealität: Bernhard Münster ist seit Januar 2022 an Bord des IWW Instituts, zunächst ein Jahr als Direktor Business Development und seit Anfang 2023 planmäßig als Geschäftsführer. Im Interview mit Chefredakteurin Franziska David äußert er sich dazu, welche Innovationen und Herausforderungen er für die IWW-Zukunft sieht und welche Fehler er dabei vermeiden möchte.

1. Persönliche Vorstellung

FRAGE: Für die, die dich noch nicht kennen, Bernhard: Könntest du dich bitte kurz vorstellen? Welche Erfahrungen hast du in der Fachverlagsbranche? Kannst du einige Erfolge oder Projekte nennen, die du in der Vergangenheit geleitet hast?

ANTWORT: Mein Name ist Bernhard Münster, ich bin 48 Jahre alt, verheiratet, habe zwei Kinder und lebe im schönen Saarland.

Nach meinem zweiten juristischen Staatsexamen habe ich ein Volontariat bei der Fachzeitschrift „Personalmagazin“ von Haufe absolviert und war anschließend noch insgesamt zwölf Jahre bei Haufe tätig. In verschiedenen Rollen als Redakteur und Produktmanager habe ich mich schon damals um Softwarethemen in der Zielgruppe Personal gekümmert. Mein größter Erfolg war die Markteinführung und Weiterentwicklung des „Haufe-Zeugnis-Managers“, der heute das führende Tool ist, um sichere Arbeitszeugnisse zu erstellen. Später hat Haufe das Software-Unternehmen Umantis aus der Schweiz übernommen und wir haben deren Software zum Bewerbermanagement und zur Personalentwicklung in den deutschen Markt gebracht. Danach war ich bis Ende 2021 drei Jahre bei Wolters Kluwer Deutschland, wo ich den digitalen Produktbereich für die Zielgruppe Rechtsanwälte ausgebaut habe.

FRAGE: Was hat es für dich attraktiv gemacht, beim IWW einzusteigen?

ANTWORT: Beim IWW hat mich vor allem gereizt, in der Rolle als Geschäftsführer den anstehenden Veränderungsprozess zu begleiten und maßgeblich verantworten zu dürfen. Das IWW ist bekanntermaßen seit Jahrzehnten sehr erfolgreich mit der Vermittlung von Fachinformationen für Steuerberater, Rechtsanwälte, Architekten, Ärzte und Zahnärzte. Wie viele andere Fachverlage auch stehen wir nun vor der Herausforderung, dass sich das Nutzungsverhalten und die Anforderungen der Zielgruppe durch junge Berufsträger verändern. Ich finde es unglaublich spannend, hier gemeinsam mit meinen tollen Kolleginnen und Kollegen diesen Veränderungsprozess voranzutreiben und auf dem großartigen Bestandsportfolio aufzubauen.

FRAGE: Und wie hast du dann deinen ersten Tag beim IWW erlebt?

ANTWORT: Mein erster Tag war leider ganz anders, als ich mir das gewünscht hatte. Die ganze Familie hatte Corona. Deshalb konnte ich in der ersten IWW-Woche nicht ins Büro fahren. Ich habe viele Kennenlerntermine per Teams absolviert, hatte aber noch nicht das entsprechende technische Equipment. Ich habe also alles über meinen etwas „in die Jahre gekommenen“ privaten Laptop abgewickelt. Das war ein bisschen holprig, hat aber letztlich dank der Flexibilität der Kolleginnen und Kollegen ganz gut geklappt.

2. Vision und Strategie

FRAGE: Mit welchen konkreten Zielen und Erwartungen bist du beim IWW gestartet? Welchen Auftrag hat dir die Geschäftsführung der Vogel Communications Group (VCG) mitgegeben?

ANTWORT: Meine Ziele lagen im ersten Jahr vor allen Dingen darin, zu analysieren, welche neuen Produkte, Angebote und Geschäftsfelder für das IWW relevant sein könnten. Wir haben auch schon erste Initiativen gestartet und umgesetzt. Der Auftrag von Vogel war und ist relativ klar: In meiner Rolle geht es nicht darum, das erfolgreiche Geschäft des IWW ausschließlich zu bewahren, sondern weiterzuentwickeln ‒ also neue Produkte zu launchen und neue Geschäftsfelder zu erschließen, um so das IWW auch für die Zukunft erfolgreich aufstellen zu können.

FRAGE: Welche Vision hast du für die Entwicklung des IWW in den nächsten drei bis fünf Jahren?

ANTWORT: Meine Vision fußt auf unserem starken Bestandsportfolio. Das heißt, dass das Thema Wissensvermittlung immer Kern unserer Tätigkeit sein wird. Was sich sicherlich verändert, ist die Art und Weise, wie wir in Zukunft Wissen vermitteln und wie wir unsere Produkte monetarisieren. Zudem wollen wir mit unseren Angeboten stärker in die Arbeitsabläufe und in die Kerntätigkeit unserer Zielgruppen hineinkommen, um für unsere Kunden noch relevanter und schließlich unersetzlich zu werden.

FRAGE: Wie bewertest du das bestehende Produktportfolio des IWW? Sollte sich etwas verbessern?

ANTWORT: Ich war ehrlicherweise überrascht, welches Standing unsere Fachinformationsdienste in den verschiedenen Zielgruppen haben. Ich habe erst beim IWW gelernt, dass unser Ansatz „Inhalte verdichten und auf das wirklich Relevante komprimieren“ gerade im RWS-Markt einen echten USP hat. Das hebt uns von manch anderem Anbieter ab und das schätzen unsere Kunden.

Optimierungsbedarf gibt es in Bezug auf die Nutzung der digitalen Möglichkeiten. Das IWW ist ein klassischer Verlag, in dem über Jahrzehnte Print das dominierende Format war. Diesen Digitalisierungsprozess müssen wir sowohl intern als auch in Richtung Kunden nochmals verstärken und nachhaltig weiterführen. Unser Portfolio und unsere Prozesse müssen weiter digitalisiert werden. Wir müssen die Möglichkeiten, die sich dadurch bieten, konsequent nutzen und vor allem auch neue Entwicklungen einfließen lassen, die sich zum Beispiel durch Themen wie Künstliche Intelligenz (KI) bieten.

FRAGE: Wie gestaltest du also die langfristige strategische Ausrichtung des IWW? Welche Maßnahmen wirst du ergreifen, um das Unternehmen wettbewerbsfähig zu halten?

ANTWORT: Langfristig wird uns vor allem das Thema Digitalisierung stark beschäftigen. Damit werden wir uns intensiv auseinandersetzen. KI wird hier eine große Bedeutung haben und sich auf alle Bereiche unseres Unternehmens auswirken ‒ beispielsweise auf unsere internen Prozesse, auf die Art, wie wir zukünftig Inhalte erstellen oder wie wir Marketing betreiben. Wir werden außerdem unsere Angebote konsequent digitalisieren. Dabei müssen wir ‒ wie gerade schon gesagt ‒ in den kommenden Monaten und Jahren die wichtige Frage beantworten, wie wir unsere Angebote stärker in die Arbeitsabläufe und Prozesse unserer Zielgruppen integrieren.

Außerdem wollen wir uns organisatorisch und kulturell verändern. Ziel ist es, eine sogenannte ambidextre Organisation aufzubauen. Das bedeutet: Wir benötigen eine Organisation, die auf der einen Seite in der Lage ist, ein funktionierendes, stark effizienzgetriebenes Bestandsgeschäft zu managen. Auf der anderen Seite muss die Organisation Formate, Strukturen und Tools bieten, um innovative neue Themen schnell voranzutreiben.

FRAGE: Wo siehst du dabei für das IWW die größten Herausforderungen in der Zukunft?

ANTWORT: Das sind meines Erachtens zwei Herausforderungen. Erstens sind wir intern, wie viele andere Unternehmen in Deutschland, vom demografischen Wandel betroffen. In den kommenden 10 bis 15 Jahren wird ein Großteil unserer heutigen Belegschaft in den Ruhestand gehen. Insofern müssen wir einen personellen Übergang begleiten und sicherstellen, dass wir weiterhin in so hoher Qualität und so effizient wie bisher Produkte und Inhalte für unsere Zielgruppen erstellen. Die zweite Herausforderung hatten wir eben schon angesprochen: Das wird die Digitalisierung unserer Angebote, die Einbindung unserer Angebote in die Arbeitsabläufe unserer Kunden und nicht zuletzt die Nutzung neuer technischen Möglichkeiten sein, wie sie uns KI bieten wird.

3. Kontinuität und Übergabe

FRAGE: Was nicht nur die Mitarbeiter:innen, sondern vor allem auch Geschäfts- und Kooperationspartner:innen interessieren wird: Du löst den langjährigen Geschäftsführer nach 31 Jahren ab. Wie gewährleistest du eine reibungslose Übergabe und stellst sicher, dass die Veränderungen positiv verlaufen?

ANTWORT: Ich bin ja schon seit Anfang 2022 im Unternehmen und konnte mich in meiner Rolle als Direktor Business Development zunächst ausschließlich um das Neugeschäft kümmern. Insofern habe ich viel mitbekommen, was interne Prozesse betrifft. Seit dem 1. Januar 2023 führen Herr Dr. Böhm und ich das Unternehmen gemeinsam und stimmen uns ab. Der Übergabeprozess über zwei Jahre lang ist aus meiner Sicht sehr erfolgreich gewesen ‒ vielen Dank an dieser Stelle dafür! ‒ und jetzt abgeschlossen. In dieser Zeit habe ich viel gelernt, viel verstanden und würde sagen: Ich bin auf die Zeit nach Herrn Dr. Böhm sehr gut vorbereitet.

4. Unternehmenskultur

FRAGE: Welche Rolle spielt für dich die Unternehmenskultur, wenn es um Innovationen geht?
ANTWORT: Im Umfeld von Innovationen ist die Kultur ein wesentlicher Aspekt. Wir setzen uns damit derzeit in einem Führungsprojekt intensiv auseinander. Wir wollen einen Rahmen schaffen, in dem Innovationen möglich sind und in dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darauf vertrauen können, dass sie Fehler machen dürfen, dass sie selbstbestimmt arbeiten können, dass sie Dinge ausprobieren, dass wir schnell Feedback geben, voneinander lernen und so versuchen, uns und das IWW immer weiterzuentwickeln.

FRAGE: Welche Werte und Prinzipien sind dir in der Unternehmensführung wichtig?

ANTWORT: Der wichtigste Wert ist Vertrauen. Das heißt in meiner Rolle: Ich vertraue zuallererst immer darauf, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im besten Sinne für das Unternehmen arbeiten, Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen. Entscheidungen sollten dort getroffen werden, wo die Kompetenz sitzt ‒ sie sollten also nicht hierarchisch getrieben sein und von der Führungskraft oder dem Geschäftsführer beurteilt werden. Auch diesen Punkt versuchen wir gerade, stärker im Unternehmen zu etablieren.

Zudem sind mir Offenheit und Transparenz sehr wichtig. Ich möchte alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter involvieren, mit größtmöglicher Transparenz im Unternehmen zu agieren und sich gegenseitig zu informieren, Erfolge gemeinsam feiern, nicht so gute Dinge ansprechen und versuchen, sie besser zu machen. So werden wir es schaffen, diesen extrem erfolgreichen Weg des IWW auch in Zukunft weiterzugehen.

5. Teambeziehungen und Teamführung

FRAGE: Wie hast du Beziehungen mit dem Führungsteam aufgebaut?
ANTWORT: Ich pflege einen recht engen und kollegialen Austausch nicht nur mit dem Führungsteam. Ich versuche, eine Beziehung zu allen Mitarbeiter:innen aufzubauen und allen auf Augenhöhe zu begegnen. Ich glaube, dass das wahrgenommen wird. So konnte ich in den letzten Monaten mit Vielen ein vertrauensvolles Verhältnis aufbauen und es gab in beide Richtungen regelmäßig Feedback. Mir ist es sehr wichtig, selbst Feedback zu erhalten. Und da spielt es keine Rolle, ob die Rückmeldung von Abteilungsleiter:innen, Redakteur:innen oder Redaktionsassistent:innen kommt. Denn der eigene Blick wird von anderen oft ganz anders wahrgenommen.
FRAGE: Wie förderst du das bestehende Team?
ANTWORT: Wie schon erwähnt, basiert mein Verständnis von Führung sehr stark auf Vertrauen. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dies spüren, erleben und mehr Verantwortung und selbstständige Entscheidungen übernehmen können, erzeugt dies viel Selbstmotivation. Zudem versuche ich immer, optimistisch voranzugehen, positiv auf die Dinge zu schauen, Menschen wohlwollend zu begegnen und mit viel Begeisterung und Freude die Kolleginnen und Kollegen mitzureißen.
FRAGE: Welche Schwierigkeiten gibt es bei den Veränderungen?
ANTWORT: „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.“ Dementsprechend sind Veränderungen nie einfach. Allerdings treffe ich hier beim IWW auf eine große Bereitschaft, Gewohnheiten zu hinterfragen und zu verändern. Wie überall, kann dies zu Unsicherheiten und Fragen führen. Sicherlich stoßen an der einen oder anderen Stelle auch verschiedene Auffassungen aufeinander. Aber das versuchen wir zu lösen: Wir informieren, stellen Transparenz her und erläutern, warum wir das eine oder andere verändern. So holen wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich ab.

6. Schluss

FRAGE: Das IWW hat in den ersten 50 Jahren seiner Unternehmensgeschichte tatsächlich erst zwei Inhaber bzw. Geschäftsführer erlebt. Wo siehst du dich denn in 15 Jahren?
ANTWORT: 15 Jahre sind in der heutigen Arbeitswelt eine sehr lange Zeit! Aber wenn du mich so fragst: Im Idealfall bin ich dann Geschäftsführer eines Unternehmens mit mindestens 200 Mitarbeiter:innen, das ein führender, digitaler Anbieter für Fachinformationen im Bereich RWS, Vorreiter für das Thema KI in Verlagen und die maßgebende Plattform für seine Kernzielgruppen ist. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass dieses Unternehmen das IWW ist.
Vielen Dank für das offene und informative Gespräch, Bernhard, und weiterhin viel Inspiration, gute Ideen, große Energie und besten Erfolg bei allen aktuellen und künftigen IWW-Herausforderungen!